Ich bin unsportlich.
Dieser Satz hat sich als Gedanke manifestiert und festgesetzt in meinem Kopf, sozusagen festgesaugt wie eine Zecke. Eine miese kleine Zecke, die mir die Wahrheit aussaugt, um selbst umso größer und präsenter zu sein. Und sie ist hartnäckig und aufmerksam. Du willst ins Fitnessstudio? Hast du etwa schon vergessen: Du bist unsportlich!
Verrückt, oder? Es hätte sich genauso gut auch ein anderer, positiver, mich bestärkender Gedanke festsetzen können. Aber nein, es ist der, der mich davon abhält, meinen Bewegungsdrang auszuleben. Weil er ein sich als Gedanke manifestierter Moment in meinem Leben ist, in dem ich eine besonders negative Erfahrung mit Sport gemacht habe.
„Schlechte“ Leistungen im Schulsport
Welcher Moment das genau war, weiß ich nicht mehr. Aber ich weiß, dass ich bereits in der Grundschule die ersten negativen Erfahrungen im Schulsport gemacht habe. Schulsport war für mich – wie für so viele – mit Scham und Angst verbunden. Angst vor dem Gelächter der anderen, wenn ich es mal wieder nicht über den Bock schaffte oder beim Sprint wesentlich langsamer war. Meine Leistung im Schulsport äußerte sich in den Gedanken, dass ich unsportlich sei und damit nicht gut genug. Und ganz offensichtlich hat diese Erfahrung nichts mit großen Körpermaßen oder einer großen Kleidergröße zu tun – ich war ein absolut normalgewichtiges Kind. Das bedeutet, die „schlechten“ Leistungen im Schulsport haben meist nichts mit einem Übergewicht zu tun.
Diese Erfahrungen im Schulsport machen sehr, sehr viele Menschen und nicht nur bei mir schüren sie Ängste und Schamgefühle und nehmen die Lust auf Bewegung, auch in außerschulischen Kursen und ähnlichem. Ich bin bei weitem nicht die einzige, bei der sich die Zecke im Grundschulalter im Zusammenhang mit Schulsport festgesaugt hat.
Aber auch wenn ich finde, dass das deutsche Schulsystem insgesamt und dabei insbesondere Konzepte wie Benotung im Schulsport dringend reformiert gehören, soll es darum nicht gehen.
Ich kann alles
Denn unabhängig davon, wo und wann sich diese Zecke festgesaugt hat, geht es darum, sie wieder loszuwerden. Ich weiß, dass die Zecke, dieser Gedanke sich so festgesetzt hat, um mich vor weiteren verletzenden Erfahrungen zu schützen. Das macht der Kopf schon ganz schön schlau. Die andere Seite dieses Schutzmechanismus ist allerdings, dass er mich kleinhält, mich abhält, mir Tatsachen verklickert, die keine sind. Ich laufe durch die Welt mit dem Gedanken im Kopf, unsportlich zu sein – das tut weder meinem mentalen noch meinem physischen Wohlbefinden gut. Und deshalb wird es Zeit, die Zecke abzuschütteln.
Und dahinter meine eigene Wahrheit wieder zu erkennen. Denn die Wahrheit ist:
Ich kann alles. Und ich kann vor allem alles tun, was ich will.
Und das hängt weder von einer Körperform noch von einer bestimmten Leistung zusammen. Denn häufig steckt ja auch nicht nur die Angst, von anderen ausgelacht und dadurch ausgegrenzt zu werden, dahinter, sondern auch die Angst, nicht zu genügen. Doch im Fitnessstudio, im Yogakurs, im Schwimmbecken oder in der Tanzschule gibt es keine Noten und auch sonst niemanden, der oder die meine Leistung misst. Das tue nur ich selbst.
Eine andere Motivation
Also geht es letztendlich darum, meine Wahrheit „Ich kann alles tun, was ich will“ zu leben und mit einer anderen Motivation als Perfektionismus Sport zu machen. Und die Leistung im Sport – wenn man denn von Leistung sprechen will – erst gar nicht mit meinem Selbstwert zu verknüpfen. Es gibt so viele Gründe, aus denen ich Sport treiben möchte: etwa, um meinem Körper Bewegung zu gönnen, frische Luft zu tanken oder den Kopf frei zu kriegen. Diese Gründe sind so viel wichtiger als eine Note oder eine Bestzeit.
Es geht einfach nur darum, mir etwas Gutes zu tun, weil ich mich selbst und meinen Körper wertschätze.
Und zum Schluss noch ein ganz persönlicher Tipp, der jegliche negative Glaubenssätze in die Luft schlägt:
Ich setze meine Noise Cancelling Kopfhörer (beste Investition ever!) auf, mache mir meine Empowerment-Playlist an und tanze wie wild durch die Wohnung. Warum das so gut ist? 1. Für mich hat Musik über die Kopfhörer anstatt über eine Anlage noch einmal einen ganz anderen Effekt – ich fühle mich ein bisschen wie in meiner eigenen Welt. Der Sänger/die Sängerin singt dann nur für mich und der Moment gehört nur mir. 2. Auf meine Empowerment-Playlist ist außerdem immer Verlass: Die Songs machen mir gute Laune, haben bestärkende Texte und bieten sich super zum Tanzen an. 3. Tanzen – und dabei ist es sowas von egal, wie es aussieht – ist wie Medizin! Es fühlt sich an als würde ich all die Gedanken wirklich physisch abschütteln und mich mit positiver Energie aufladen. Probiere es mal aus, es wirkt wahre Wunder!
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