Gastbeitrag von Petra Schleifer (Instagram: @bellyandmind)
Oft werde ich von Follower*innen oder Klient*innen gefragt: “Ich verstehe das Prinzip mit der Körperakzeptanz nicht ganz. Ist das nicht nur eine Ausrede für Menschen, die sich nicht um sich selbst und ihre Gesundheit kümmern?” Oder in einer ähnlichen Form: „Wie kann ich Körperakzeptanz anstreben, wenn ich doch dick und krank bin?”
Dies sind häufige Gegenargumente, wenn es um Selbstliebe oder Body Positivity geht. Nach dem Motto: Wenn wir uns für den Körper, für den Respekt dem Körper gegenüber und für Body Positivity aussprechen, dann ist das ein klares “Gegen” sich um den eigenen Körper zu kümmern und etwas verändern zu wollen. Hier liegt allerdings ein sehr häufiger und eklatanter Denkfehler vor.
Lass uns zunächst klären, was es bedeutet, body positive zu sein (wir verwenden die Version für soziale Gerechtigkeit gegenüber der verwässerten Selbstliebe-Version). Body Positivity ist eine politische Bewegung zur Beseitigung der Unterdrückung und Diskriminierung von Menschen in marginalisierten Körpern (Minderheiten). Das Ziel ist, dass sie Zugang zu gleicher Behandlung und Respekt in unserer Gesellschaft haben.
Alle Individuen mit Respekt zu behandeln, scheint mehr als genug Grund zu sein, sich für Body Positivity zu engagieren. Aber lass uns einen zweiten Punkt betrachten, warum das Argument der Ausrede nicht zieht.
Ich lehne das Wort „Ausrede” grundsätzlich ab, wenn es um Körper geht. Tatsächlich ist das eines der Probleme in der Argumentation um Körperakzeptanz. Eine „Ausrede“ oder eine „Entschuldigung“ für einen nicht dem Standard entsprechenden Körper zu suchen, impliziert, dass wir uns rechtfertigen müssten, wie für ein Vergehen.
Eine Entschuldigung ist etwas, das wir vorbringen, wenn wir einen Fehler gemacht haben. Wie zum Beispiel nachdem wir gemerkt haben, dass wir auf der Toilette vergessen haben zu spülen. Wenn also jemand sagt, dass Körperakzeptanz eine Ausrede dafür ist, sich nicht um sich selbst zu kümmern, impliziert dies, dass es ein Vergehen ist, sich nicht um sich selbst zu kümmern.
In dieser Aussage steckt allerdings ein noch größeres Problem. Nämlich die Annahme, dass unsere Körpergröße ein Indikator dafür ist, wie “gut” wir uns um uns selbst kümmern. Dass Dicksein ein Vergehen ist und es eine Pflicht ist, dünner zu sein. Doch die Menge an Platz, die mein Körper einnimmt, ist kein Vergehen, und ich habe auch keine Verpflichtung, kleiner zu sein.
Außerdem ist die Art und Weise, wie ich mich bestmöglich um mich kümmere, weder eine Verpflichtung noch von außen wahrzunehmen. Wie ich mich in meinem Körper fühle, welche Gedanken, Vorgeschichte, Erfahrungen, Lernkurven usw. ich habe, lässt sich nicht von außen an meiner Körperform oder meinem Gewicht feststellen. Das obliegt zu 100 % meiner Innenschau.
Ein weiterer Punkt ist: „Mein Körper ist für niemanden eine Beleidigung und geht niemanden etwas an.” Das einzig Anstößige, was in dieser Situation stattfindet, ist die Diskriminierung von Menschen mit bestimmten Größen und/oder ihrem Gesundheitszustand. Ich denke also, die Fragen, die wir uns wirklich stellen sollten, sind:
Es hat noch niemandem geholfen, Menschen zu verurteilen, zu beschämen und auszugrenzen. Und ganz besonders nicht beim „gesünder Werden“. Lass dich also nicht darauf ein, über Menschen zu urteilen, in deren Schuhen du nie gesteckt hast.
Deine Petra
Kommentare werden vor der Veröffentlichung genehmigt.