Real Life: Wie Social Media dein Körperbild beeinflussen - Gastbeitrag von Petra Schleifer

Sandra Wurster | 19 January, 2021


          
            Real Life: Wie Social Media dein Körperbild beeinflussen - Gastbeitrag von Petra Schleifer

Gastbeitrag von Petra Schleifer (Instagram: @bellyandmind)

Hast du dich schon einmal beobachtet, wenn du so durch Instagram scrollst und von einem Fitnessaccount zum nächsten kommst? Wenn du lauter bunte Bowls siehst, lauter durchtrainierte Körper, Sport und Morgenroutinen? Und viele lachende, scheinbar sorglose Frauen, die mit vollem Elan in den Tag starten? Mir geht es dann oft so, dass ich mich frage: Was mache ich falsch? Warum schaffe ich es nicht, morgens um 5 Uhr aufzustehen und erst einmal Joggen zu gehen oder zumindest eine Meditation zu machen oder Yoga zu praktizieren? Warum schaffe ich es nicht, mir die perfekte Bowl zuzubereiten und immer alles fresh und juicy herzustellen, und ziehe stattdessen doch ab und an die Pizza aus dem Tiefkühlfach? All diese Gedanken verursacht Instagram bei mir und beeinflusst damit mein eigenes Körperbild.

Körperbild korreliert mit Medienkonsum

Mir fällt zunehmend auf, dass, wenn ich mehr Zeit auf Instagram verbringe, meine Ansprüche an mein Aussehen, meinen Haushalt, meinen Körper, und meine Ernährung steigen. Warum? Ganz einfach: Weil ich mich unbewusst vergleiche. Unbewusst, weil ich weiß, dass das nicht gut ist. Aber so funktioniert unser Unbewusstes nun einmal – es sucht nach Abgleich und Übereinstimmungen. Je älter, dicker, un-perfekter ich selbst bin, umso schlechter das Ergebnis.

Studien zeigen ganz klar, dass unser Körperbild und somit unsere Zufriedenheit mit dem eigenen Körper mit dem Instagram- und Medienkonsum korrelieren. Es ergeben sich zunehmende Probleme mit der Gesundheit, wie Essstörungen, Depressionen und ein geringes Selbstwertgefühl (Grabe, Hyde & Lindberg, 2007; Johnsin & Wardle, 2005, Neumar-Sztainer, Paxton, Hannan). Damit einher gehen restriktive Essgewohnheiten (Verzicht auf bestimmte Lebensmittel wie Zucker, Weizen, Kohlenhydraten, Mahlzeiten etc.), die zu ungesunden Folgen führen können wie Fasten, unausgewogenen Diätprogrammen zur Gewichtsreduktion und Mangelernährung. Dies ist nicht nur eine Folge des schlechtes Körperbildes, sondern auch eine Art „Angst vor Fett“, also Fett-Phobie.

Profit für Influencer, Unzufriedenheit für dich

Immer wenn eine schöne, junge, schlanke, Insta-Queen dir etwas über ihre letzte Detox-Kur erzählt, wenn sie Kalorienzahlen nennt, die sie zu sich nimmt, ihr Gewicht mitteilt oder dir ihre täglichen Sportroutinen verrät, dann notiert dein Unbewusstes, ob es da mithalten kann, und hinterlässt meist ein sehr schlechtes Gefühl.

Ob all das, was uns auf Instagram gezeigt wird, der Realität entspricht, ist fraglich. Was es aber hinterlässt, ist Profit für Influencer (und das ist ja auch okay), aber meist einen schlechteren Selbstwert und eine größere Unzufriedenheit mit dir selbst.

Jetzt sagst du vielleicht: „Mir geht das nicht so. Ich finde das total motivierend und gebe mir dann mehr Mühe.” Das kann ab und an sogar stimmen. Studien zeigen aber eindeutig, dass das nur für einen kleinen Teil der User gilt – bei den meisten ist es eher andersherum.

Was kannst du selbst tun?

1. Du kannst jederzeit ent-folgen. Du musst dir nicht ansehen, was andere am Tag essen, wieviel sie Sport treiben oder wie sie ihren Schrank ausmisten. Achte auf dich und deine Balance – frag dich „Geht es mir jetzt besser dadurch oder habe ich mehr Druck, mich wieder einmal neu erfinden und optimieren zu müssen?”

2. Such dir Inspiration aus dem echten Leben. Niemand hat die permanent perfekte Mahlzeit, die immer saubere Küche, den perfekten Körper. Niemand isst jeden Tag ausgewogen, es sei denn, sie/er hat eine Essstörung oder zumindest ein essgestörtes Verhalten wie eine Orthorexia (eine Essstörung, in der man nur „gesund“ essen darf). Such dir Menschen, denen du folgst (wenn du möchtest), bei denen das echte Leben gezeigt wird. Menschen, die dich in ihr Leben mitnehmen, auch wenn es mal messy ist.

3. Lass dir nicht vormachen, dass Instagram real life ist. Influencer, die 150 Tausend Follower haben und ihr Geld mit Fitness und Mode verdienen, werden den Teufel tun und sich von ihrer „unperfekten“ Seite zeigen. Selbst wenn Menschen bei Instagram ihre Cellulitis in die Kamera halten, sind es meist schlanke oder zumindest dem Standard entsprechende, junge Körper, die wir zu sehen bekommen.

4. Wenn du dein Essverhalten und dein Gefühl zu deinem Körper entspannen möchtest, mit einem schlechten Selbstbild / Körperbild kämpfst, aus der Diätmentalität herauskommen möchtest, dann achte darauf, wem du folgst. Niemand, der von seinem letzten Abnehmerfolg berichtet, meint das böse. Aber es kann dich triggern und dir schaden. Also pass gut auf dich auf und überprüfe auch deinen Social Media Feed auf „Ist das echt?“

5. Es sind nicht nur Menschen, denen du folgst – auch du selbst kannst Teil der Bewegung sein. Du kannst dich natürlich über deine Fitnesserfolge freuen. Aber vielleicht musst du nicht unbedingt ein Vorher-/Nachher-Bild posten, sondern kannst Rücksicht auf andere nehmen, denen es genauso geht wie allen – sie vergleichen sich. Wenn du dein Essen gerne posten möchtest, achte darauf, was du dazu schreibst. Vermeide Worte wie „gesund“ oder „ungesund“. Nahrung ist nicht schwarz oder weiß, gut oder schlecht – genauso wenig wie Menschen oder Situationen. Alles ist immer aus einer gewissen Perspektive betrachtet und die gute Nachricht ist: Wir können diese verändern.

6. Wenn du Influencer oder viel in den sozialen Medien unterwegs bist, dann reflektiere, ob du „Dicken-Witze“ wirklich machen musst. Ja, sie sind auf den ersten Blick oft lustig. Doch sobald du dich selbst in der Situation siehst, verlieren sie den Charme sehr schnell.

Wir sollten bereit sein, dazuzulernen

Ist das alles zu überzogen? Darf man jetzt gar nichts mehr sagen oder zeigen, fragen sich nun einige. Das ist so ein Satz, den früher Männer gebracht haben, wenn sie frauenfeindliche Witze gemacht haben. Wenn wir wollen, dass sich in unserer Welt etwas verändert, dann sollten wir bereit sein, dazuzulernen. So wie wir deutlich sensibler geworden sind bei Themen wie Sexualität, Gender oder Rassismus, so sollten wir auch mehr Wahrnehmung für die Themen Fett-Phobie oder Gewichtsdiskriminierung entwickeln. Denn das ist nicht nur für die Betroffenen hilfreich, sondern für jede*n einzelne*n von uns.

Deine Petra

P.S. Wenn du gerne wissen möchtest, wie du außerdem Social Media tatsächlich für dich und deine Selbstliebe nutzen kannst, dann schau mal hier vorbei.

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