Gastbeitrag von Nelly Hirschfeld (Instagram: @nellyhirschfeld)
Wichtig: Dieser Text richtet sich an Mütter mit Kindern, birgt jedoch auch einen Mehrwert für alle anderen, da es durchaus wertvoll sein kann, zu erfahren, wie Körperwahrnehmung bereits im Kindesalter geprägt wird.
Die ersten 7 Jahre sind für uns Menschenkinder aufgrund der rasanten Gehirnentwicklung sehr entscheidend. Daraus bilden wir unser Fundament für unser weiteres Leben. Diese ersten Jahre prägen uns in unserem Kern. In unserem Sein, in dem, was wir denken, wer wir sind, in dem, was wir über uns selbst glauben, in dem, wie wir die Welt und das Leben erfahren (Urvertrauen), und in dem, was unsere Eltern uns vorleben und erzählen. Wir lernen durch Vorbilder und das Nachahmen, wir saugen alles in uns auf und speichern es tief im Unterbewusstsein ab. Wir leben im Hier und Jetzt, in diesem einen Moment mit jeder einzelnen Faser unseres Seins.
… und als Erwachsene? Haben wir es leider zu oft verlernt und sind im Kopf ganz wo anders. Doch mit unseren Kindern erleben wir unsere eigene Kindheit wieder neu. So haben wir die Möglichkeit, unsere Ängste und Muster aufzulösen, indem wir hinschauen und hinterfragen, beobachten und in uns reinfühlen. Unsere Kinder sind unsere größten Spiegel, unsere größte Liebe und unsere größte Herausforderung zugleich.
Wie können wir unsere Kinder also positiv in ihrer Wahrnehmung und speziell in ihrem Essverhalten stärken?
Mit der Geburt unserer kleinen Wunder erhalten wir hochintelligente Steinzeitbabys mit einer hervorragenden Körperwahrnehmung. Sie kommunizieren mit uns ununterbrochen und geben uns unterschiedlichste Signale, sei es Hunger oder Müdigkeit, sei es Pipi oder Nähe. Wir Eltern dürfen ihre Sprache zu Beginn dieser magischen Zeit wieder erlernen und auf ihre Bedürfnisse eingehen, aber auch unsere eigenen im Blick behalten.
Was brauchen unsere Babys, um gesund und stark zu werden?
Stillen will erlernt werden. Zu Anfang ist es oft eine Achterbahnfahrt für viele Frischmamas, sie sind erschöpft und kommen schnell an ihre Grenzen. Dennoch darf unser Baby gestillt werden, sobald es die ersten Anzeichen des Hungers zeigt. Jegliche Zeitangaben für Stillabstände oder Stilldauer sind hier irrelevant, da wir gar nicht einschätzen können, wann unser Baby hungrig oder satt ist. Und wenn es bereits schreit, ist es zu spät. Unser Baby fühlt sich in Lebensgefahr. Schreien verursacht ein hohes Stresslevel.
Heute wissen wir es besser. Das Stillen nach Bedarf stillt nicht nur den Durst und den Hunger, sondern unterstützt unser Baby in seiner Entwicklung, bei Stress und angespannten Situationen. Wir geben ihm Halt, Trost, Nähe und bauen eine Bindung durch Augenkontakt auf. Außerdem stärken wir das Immunsystem, geben Antikörper bei Krankheit, schützen vor Übergewicht und Fettsucht und gönnen uns zugleich eine Pause. Das Saugen an der Brust macht zudem schlau und bringt Mama viele gesundheitliche Vorteile.
Es ist wichtig, zu wissen, dass die Muttermilch nach spätestens einer Stunde verdaut und der Magen des Neugeborenen nur so groß wie eine Erbse ist. Bei Flaschenbabys verhält es sich genauso. Hier gilt noch mehr kuscheln und nackte Haut an Haut, vor allem aber, auf die Sättigungszeichen des Babys achten.
Sobald das Baby die sogenannten Reifezeichen anzeigt – der Zeitpunkt ist von Baby zu Baby unterschiedlich – darf mit der Beikost begonnen werden. Das Baby entscheidet Tempo und Menge. Es heißt BEIkost, weil alles notwendige für das Baby in der Muttermilch enthalten ist. Das erste Lebensjahr darf und soll durchaus voll gestillt werden. Die WHO empfiehlt sogar, 24 Monate zu stillen.
Für ein gesundes Essverhalten und eine gute Beziehung zum Essen ist es elementar, das Baby selbstbestimmt essen zu lassen. Beim Brei wird der Löffel vor den Mund unseres Babys gehalten, sodass es selbst kommen darf. Und wir dürfen aufhören, wenn das Baby satt ist. Jedes Austricksen hat negative Auswirkungen auf die Körperwahrnehmung des Babys. Jeder unwillkürliche Löffel lässt dein Baby auch nicht länger schlafen oder gar durchschlafen. Dafür ruiniert er das Sättigungsgefühl. Kinder, die nur ein wenig ausgetrickst werden, können später an Übergewicht leiden.
Beim Baby Led Weanning bekommen unsere Babys handgerechte Stücke, die sie selbstbestimmt zum Mund führen und essen. Dadurch entwickeln sie um einiges früher ihre Feinmotorik und Koordination. Außerdem darf hier jedes Lebensmittel mit allen Sinnen ertastet und erfühlt werden.
Es gibt ein schönes Sprichwort dazu: „Food before one is just for fun“ – obwohl es auch viele Kinder gibt, die sich erst mit zwei oder gar noch später für das Essen interessieren und auch das ist vollkommen okay. Jedes Kind ist was besonderes und hat sein eigenes Tempo.
Bereits in der Schwangerschaft und Stillzeit werden die ersten Geschmäcker der Mutter über die Plazenta und über die Muttermilch an das Baby weitergegeben. Alles, was die Mama isst, lernt das Baby geschmacklich schon früh kennen. Die Vielfalt an Lebensmitteln, Essensritualen und -traditionen als auch das Essverhalten der Eltern nehmen großen Einfluss darauf, WAS unsere Kinder essen oder nicht essen. Kinder lernen das Essen von „freundlichen“ Erwachsenen und probieren sich in den ersten Lebensjahren mal mehr, mal weniger durch das Angebot durch. Kinder lernen essen spielerisch und entdecken es mit allen Sinnen (sehen, hören, riechen, anfassen und quetschen) – erst mit dem Schmecken (als allerletztes) ist der Vorgang abgeschlossen.
Was unsere Kinder auf ihren Tellern haben, hängt also ganz und gar von uns Eltern ab. Jedoch bestimmen die Kinder das Tempo und die Menge selbst. Manche essen gerne, manche gerne und viel, weil sie es gut können. Manche essen weniger oder kaum was, weil sie mit anderen Dingen beschäftigt sind, holen es sich aber an anderer Stelle wieder (beim Stillen oder Flasche). Doch alle Eltern können beruhigt sein – von Natur aus essen Kinder so viel, wie sie brauchen, und vor allem essen wirklich alle Kinder irgendwann selbstständig.
Kinder sind große Entdecker und lernen durch das Nachahmen. Sie sind vollständig und komplett. Bei Problemen sind es die Eltern, die damit nicht zurechtkommen. Deshalb lasst uns genau hinschauen, eine gesunde Essenskultur vorleben und dabei unsere Ängste und Sorgen beiseite schieben. Nur so helfen wir unseren Kindern, eine gute Beziehung zum Essen aufzubauen. Mit Druck und Zwang erreichen wir genau das Gegenteil!
Über Nelly:
Nelly Hirschfeld ist selbstständig als Coach für Persönlichkeitsentwicklung, Mindsetarbeit und Achtsamkeit tätig. Sie hilft Menschen dabei ihre Glaubenssätze, Muster und Programmierungen zu erkennen und darüber hinauszuwachsen. Mit Geburt Ihres Sohnes hat sie sich im Bereich Elterncoaching für Babys und Kleinkinder (Nicola Schmidt – Artgerechtprojekt) weitergebildet und unterstützt Eltern im achtsamen Begleiten ihrer Kinder. Zudem hat sie früher internationale BWL studiert und 10 Jahre im Controlling gearbeitet, sie ist Yogalehrerin, arbeitet mit ätherischen Ölen, beschäftigt sich mit Ayurveda, Meditation und vor allem innerer Heilung und Wachstum. Kontakt: Nelly.hirschfeld@gmail.com
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