Gastbeitrag von Jil-Alicia (Instagram: @jilaliciaa)
Triggerwarnung: Im Text wird detailliert über Essstörungen, ihre Ausprägungen und Auswirkungen gesprochen.
Jeder Blick auf ein Lebensmittel war immer verbunden mit der Frage: „Darf ich das essen?“ Und jeder Blick in einen Spiegel war immer gerichtet auf meinen Bauch mit dem Gedanken: „Ist der dünn genug?“ Täglich war ich in mir selbst gefangen und der größte Gegner in meinem Leben.
Mein Name ist Jil-Alicia, ich bin 26 Jahre alt und lebe seit einem Jahr frei von meiner Essstörung Binge Eating, frei von DIÄTEN, frei von Verboten und diversen Fressanfällen. Ich habe es geschafft, meinem Körper zu vertrauen und ihn in Liebe anzunehmen und ihn zu fühlen – statt ihn zu ignorieren.
Wenn ich diese Zeilen schreibe, kann ich es immer noch gar nicht richtig glauben, weil Lebensmittel verbieten, Diäten machen, mich selbst sabotieren und meinen Körper ignorieren mein tägliches Brot war.
Der Ursprung meiner Story war vor 10 Jahren die Diagnose meiner Schwester, dass sie eine Zucker- und Weizen-Unverträglichkeit hatte. Ich wollte immer so sein wie sie und fand ihren Körper immer schöner als meinen. Also fing ich an, mir von dem einen Tag auf de anderen ebenfalls alle Lebensmittel mit Zucker und Weizen zu verbieten. Das ging eine Weile ganz gut, aber manchmal auch überhaupt nicht. Ich spürte innerlich diese Lust auf genau diese Lebensmittel, auf Lebensmittel, die ich zuvor super gerne mit Genuss gegessen hatte. Doch mein schlechtes Gewissen hatte mich in der Hand.
Ich fing an, heimlich zu essen. Und hatte bei jedem Biss ein schlechtes Gefühl. „Das kann ich jetzt nicht essen“, „Das darf ich nicht essen, da sind Weizen und Zucker drin“ „Das sind böse Lebensmittel“. Aus dieser Unzufriedenheit heraus, aß ich als weiter und fühlte mich von Tag zu Tag unwohler in meiner Haut. Also gab es nur noch eins: “ICH MUSS ABNEHMEN, denn nur wenn ich schlank bin, bin ich schön.“ Das war immer mein Gedanke: Nur wenn ich dünn bin, bin ich genug und werde ich geliebt.
Ich probierte alles aus. Stoffwechselkuren, verschiedene Ernährungsrichtungen und zig Diätformen. Ich nahm ab und ZACK – ich nahm wieder zu. Ich war verzweifelt. Mein Leben fühlte sich nur noch sinnlos an. Ich war innerlich leer und lebte ohne Lebensfreude. Ich verstand nicht, warum es bei mir nicht klappte.
Was darf ich essen? Was darf ich nicht essen? Ich war gefangen in meinem Kopf, in meinem Gedankenchaos und wusste nicht mehr weiter. Ich aß viel, dann aß ich wieder ganz wenig. Eine Woche keine Kohlenhydrate, dann habe ich wieder ein Tag alles in mich reingestopft, bis ich abends mit Bauchweh im Bett lag.
Ich verlor für 1,5 Jahre meine Periode, hatte Haarausfall, Stimmungsschwankungen und mein Bauch wuchs und wuchs – weil ich eine Fressattacke nach der anderen hatte. Ich war nur noch verzweifelt und fing immer wieder eine Diät an oder trackte Kalorien mit der Hoffnung, dass ich endlich ankomme in meinem Körper und mich wohlfühle. Doch vergebens. Der Jojo-Effekt kam immer wieder. Immer wieder stand ich an demselben Punkt. Innerlich blieb ich leer und äußerlich wurde ich mehr.
Ich fülle diese innere Leere mit Essen und ignorierte meinen Körper, meine Körpergefühle regelrecht. Ich ging nicht auf meine wirklichen Bedürfnisse ein, sondern entfernte mich immer mehr von mir selbst und betrachtete meinen Körper im Spiegel beschämt, voller Wut und Trauer. Ich hasste mich selbst und verstand einfach nicht, warum ich nicht alles essen konnte, was ich wollte, ohne zuzunehmen – so wie meine Freund*innen und Familie.
Februar 2020. Der erste Teil meiner Coaching-Ausbildung fing an. Ich hatte zuvor stundenlang in der Küche gestanden und mein ganzes Essen für das Wochenende vorgekocht, jedes Gramm in die App eingetragen und alles mitgenommen. Dann saß ich da, aß mein vorgekochtes Essen und sah die anderen Kuchen essen. Ich war ziemlich frustriert und neidisch, weil ich sah, wie fröhlich sie waren.
Dann hörte ich diesen Satz: „Die äußerliche Erscheinung ist das Ergebnis unserer Innenwelt. Du kannst nur im Außen andere Ergebnisse erzielen, wenn du dein Inneres veränderst“.
Auf einmal machte es KLICK und ich dachte mir: „Okay, innerlich willst du gerne alles essen, was du willst, aber äußerlich trackst du Kalorien und verbietest dir Lebensmittel. Das kann ja gar nicht funktionieren.“ In der Coaching-Ausbildung habe ich dann wundervolle Techniken kennengelernt, mit denen ich mein Ziel in mein Unterbewusstsein integrierte. Ich fing an, mit Methoden meine Innenwelt aufzuräumen, las Bücher und holte mir einen Coach an die Seite, um mich neu auszurichten.
Genau das tue ich seitdem jeden Tag. Ich bin ALL IN gegangen. ALL IN mit mir selbst, im tiefen Vertrauen. Ich tue täglich etwas für meine Persönlichkeit, reflektiere mich, lasse mich coachen und coache mich selbst, weil ich verstanden habe, dass all die Ursachen von jeglichen Hürden in mir drin sind und die Auswirkungen sich im Außen zeigen. Das heißt, alles ist möglich – auch bei dir, wenn du die richtigen Dinge veränderst.
Heute bin ich Coach, um so viele Menschen wie möglich dabei zu unterstützen, ihren Körper anzunehmen, ihn zu fühlen, zu schätzen und lieben zu lernen – statt ihn zu ignorieren.
Dein Körper ist alles, was du hast und immer haben wirst.
DEEP LOVE, deine Jil-Alicia
Podcast: jilalicious – body & soul talk
Kommentare werden vor der Veröffentlichung genehmigt.