Gastbeitrag von Sarah Legebeke (Instagram: @bellygirl_lifestyle)
Hi, mein Name ist Sarah, ich bin (noch) 29 Jahre alt und habe nun seit fast 6 Jahren einen künstlichen Darmausgang. Warum ausgerechnet dieser Beutel am Bauch das Beste ist, was mir passieren konnte, erfährst du in meiner Belly Story.
Mein Stoma habe ich aufgrund meiner chronisch entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn bekommen. Bis dahin war es jedoch ein langer kräfteraubender Weg. Alles begann am Tag nach dem 16. Geburtstag meiner besten Freundin. Ich wachte auf und meine Oberlippe war extrem geschwollen. Da ich Allergikerin bin, war für mich klar, dass ich wohl irgendetwas im Essen nicht vertragen habe. Als meine Lippe nach vier Stunden noch immer nicht abgeschwollen war, fuhr meine Mutter mit mir zum örtlichen Krankenhaus. Diese schickten uns weg und sagten, dass die Schwellung von einem Insektenstich käme.
Meine Mutter hatte jedoch ein schlechtes Gefühl und fuhr in ein weiteres Krankenhaus mit mir. Dort war man dann überzeugt, ich hätte eine Entzündung in der Oberlippe und diese müsse aufgeschnitten werden. Auch hier hatte meine Mutter zum Glück ein schlechtes Gefühl und wir fuhren zu einem dritten Krankenhaus. Diesmal eine Uniklinik. Hier war man sich sehr schnell sicher, dass es sich um Morbus Crohn handeln könne. Eine chronische Darmerkrankung, die den gesamten Verdauungstrakt befallen kann. Ein paar Tage später war dann nach einer Magen- und Darmspieglung klar, es ist Morbus Chron. Ich bekam diverse Medikamente und hatte tatsächlich die ersten 2 Jahre keine Probleme mehr.
Doch dann kam der Durchfall. Immer öfter und immer stärker. Ich machte trotzdem mein Fachabi und fing eine Ausbildung an. Ich wollte einfach normal sein. Mit den anderen mithalten. Niemand sollte mir anmerken, dass ich chronisch krank bin. Und schon gar nicht wissen, worum es bei meiner Erkrankung ging. “Die Leute werden sich bestimmt vor mir ekeln”, dachte ich, “sie werden mich meiden.”
Also fing ich an, die Krankheit nicht nur vor anderen zu verstecken, sondern verdrängte sie auch à la “Wenn ich nicht dran denke, ist sie auch nicht da.” Das Ganze zog ich 4 Jahre lang so durch. Ich ging zu keiner Untersuchung mehr und nahm auch keine Medikamente mehr. Die Quittung dafür kam schnell und heftig.
Nach 4 Jahren, in denen ich mich selbst belogen hatte, war ich an einem Punkt, an dem nichts mehr ging. Ich hatte 24/7 Schmerzen, machte mir fast täglich in die Hose, konnte nicht für eine Sekunde einhalten und Binden nutzte ich nicht mehr nur für meine Periode. Ich war runtergehungert auf 37 kg, hatte schlimme Wasser-Einlagerungen und mein Gesundheitszustand war mittlerweile lebensbedrohlich.
Ich kam ins Krankenhaus und wurde künstlich ernährt, um schnellstmöglich auf ein Gewicht zu kommen, bei dem nur noch ein 50:50 Risiko bestand, dass ich eine OP nicht überstehen würde. Es vergingen fast 2 Monate, bis ich in den OP geschoben werden konnte. 2 Monate, in denen ich mich damit auseinandersetzen musste, dass ich bald einen künstlichen Darmausgang haben würde. Einen Beutel am Bauch, in den meine Darmausscheidungen hineinlaufen werden.
Ich war aufgewühlt und meine Gefühle fuhren Achterbahn. „Will ich ein Leben mit einem Beuel am Bauch?“ Nein! „Will ich also deswegen lieber sterben?“ Auf gar keinen Fall! Nichts, aber wirklich nichts ist für mich wertvoller als dieses eine Leben hier auf der Welt. Nachdem ich die OP hinter mir hatte, sagte ich mir: „Ich mache das Beste aus der neuen Situation! Ich lebe mein Leben und werde mir die Zukunft nicht durch ein kleines Stoma vermiesen lassen!“
Diese OP, diese Veränderung und dieses Stoma zeigen mir, wie schön das Leben sein kann, wenn man es einfach genießt. Ich trage meinen Lebensretter immer bei mir, für den Rest meines Lebens. Also warum sollte ich diese 2. Chance im Leben nicht nutzen, um glücklich zu sein? Nur, weil ich nicht der „Norm“ entspreche? Normen sind eh langweilig, denn im Anderssein liegt die wahre Schönheit. Außerdem ist das Leben einfach zu kurz, um in Selbstzweifeln und Scham zu versinken.
Ich schaue meinen Bauch an und bin stolz. Mein Bauch zeigt meinen größten Kampf im Leben. Mein Bauch zeigt, wie stark ich bin. Mein Bauch ist ein Gewinner! Und ich zeige ihn der Welt mit Stolz.
Über Mich:
Ich bin Sarah, Lebemensch und Incluencer. Ich versuche auf meinem Instagram Account (@bellygirl_lifestyle) andere Betroffene, CED Erkrankte oder einfach nur Interessierte aufzuklären, zu ermutigen und ihnen ein bisschen Positivität abzugeben. Ich bin der Meinung, dass jeder Körper schön ist und es wert ist, stolz auf ihn zu sein.
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