Weißt du eigentlich, wie schön Du es hast?

Sandra Wurster | 07 March, 2023


          
            Weißt du eigentlich, wie schön Du es hast?

Neue Perspektiven eröffnen uns neue Welten.

Vor Kurzem besuchte ich meine gute Freundin und ihren Sohn, die außerhalb der Stadt, eher ländlich wohnen. Und jedes Mal, wenn mich Louis, der 4-jährige Sohn meiner Freundin sieht, erzählt er mir, dass er es kaum abwarten kann, mich wieder mit seiner Mutter zu besuchen. Ja, mich mag er sicherlich auch, aber seine wahrhaftige Faszination ist definitiv den öffentlichen Verkehrsmitteln gewidmet. Besonders die gelben U-Bahnen mit ihren großen Straßenbahnfenstern, aus denen man eben so gut das Stadt-Geschehen mitverfolgen kann, haben es ihm angetan.

Es ist nicht so, als ob ich seinen Fabel sonst nicht wahrgenommen hätte, aber irgendwie war ich dieses Mal vielleicht etwas wacher oder er erzählte es mir genau einmal zu viel. Zu viel - richtig.

Denn beim nach hause fahren, natürlich mit der gelben U-Bahn, stellte ich mir vor, durch Louis’ Augen, Betrachtungsweise und vor allem Begeisterungsfähigkeit die Dinge zu erfassen. Plötzlich entfachte meine Kreativität und ich stellte mir Geschichten und Abenteuer zu allem vor, was ich sah. Es machte nicht nur Spaß, sondern gute Laune, ich hatte schon lange nicht mehr dem Geschehen vor, neben und zwischen mir solch eine Aufmerksamkeit gewidmet. Ich gestehe, immer häufiger fühlte ich mich gestresst von den ständigen Verspätungen der öffentlichen Verkehrsmittel und oft auch heftig genervt von überfüllten Bahn-Wagons. Umso erfrischender, mir selbst ein neues Fahr-Erlebnis beschafft zu haben, dank Louis. Sein Blick oder wohl eher seine Begeisterung sorgte für eine neue Welt…

Und sie blieb. Überraschend entdeckte oder nahm ich die gelben U-Bahen nun ständig wahr, sonntags während ich frische Semmel vom Bäcker holte, sah ich die U2 zwischen zwei großen Bäumen kurz hervor tauchen, während ich Mittwoch abends im Bad Berg saunierte, sah ich weitere U-Bahnen, die über die Cannstatter Brücke fuhren oder während meines Wochenstart-Spazierganges weitere Bahnen durch die kleinen hinteren Tunnel durch die Berge verschwinden. Ob Louis das alles auch sah? 

Irgendwie machte das mein geliebtes Stuttgart noch etwas besonderer und kuscheliger für mich, unser toller Kessel umzingelt von vielen kleinen gelben Flitzern. Ich stellte mir sogar vor, dass die gelben Flitzer goldenes, heilendes Licht seien, eventuell sogar eine Art Schutz bieten… Hey - keine Verurteilung, schließlich kann man sich nie zu viel goldenes heilendes Licht vorstellen und zudem, wenn Kreativität fließt, dann fließt sie eben, manchmal auch in ganz neue Bahnen.

Ob ich in letzter Zeit noch negative Vibes in der Bahn wahrnehme? Was denkst du?

Immer seltener. Und sich Geschichten auszudenken ist zusätzlich ein gutes Tool, um sein Bewusstsein umzushiften.

Die meisten Kinder machen sich irgendwie alles zu ihrem eigen, eine super Fähigkeit ist das. Ich habe nicht das Gefühl, dass sie sich darum wirklich bemühen müssten, es ist Teil ihrer Natur, die uns umso älter wir werden oft abhanden kommt.

Meine Mutter sagt auch immer, dass ich als kleines Kind ständig immer und überall tanzte, sobald ich Musik hörte: „Du hast aus allem, egal wo wie waren, irgendwie immer deine eigene Bühne gemacht und das mit deinem ganzen Herzen“. Ich finde das ziemlich beeindruckend, Louis und mein früheres „überall tanzendes Ich“.Denn machen wir uns nichts vor, höchstwahrscheinlich werde ich nie mehr solch einen ungefilterten, so einen unangepassten und solch einen reinen Ich-Zustand meines Seins erreichen. Höchstwahrscheinlich müsste ich eine ordentliche Portion Ecstasy zu mir nehmen oder mindestens 10 Retreats hintereinander besuchen, um nur ansatzweise diesem Sein-Zustand näher zu kommen.

Gerne darfst du dir die Frage stellen, ob du dir selbst die Lebenskunst bewahrt oder jemals aufgebaut hast, aus allem deine ganz eigene Bühne zu machen?

Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass es eine „simple“ Methode gibt, um seine eigene partnerschaftliche Beziehung wieder intensiver aufleben zu lassen, lebendiger zu gestalten oder wieder mehr Leidenschaft in sie zu bringen. Und zwar solle man versuchen, etwas Neues an seiner*m Partner*in zu entdecken, das stellt sich dann übrigens viel herausfordernder dar, als man vielleicht am Anfang noch meinte. Nachdem man eventuell sogar nicht nur ein gemeinsames Leben miteinander teilt, sondern auch das gleiche Bett und die gleiche Toilette.

Das spannende an der Methodik ist, dass um den „größten“ Nutzen aus ihr ziehen zu können, wir uns erst einmal die Annahme erlauben müssen, nicht alle Antworten und Wahrheiten unserer Partner*innen, unseres Gegenübers zu kennen. Das schafft wiederum erst einen Raum für neue Perspektiven und bringt unsere eigene begrenzte Sicht auf das Leben und auf Menschen stark ins Wanken, gut so.

Wir sind niemals fertig, es gibt wirklich immer etwas Neues zu entdecken, wenn wir uns darauf einlassen können.

Diese Frage oder Methodik finde ich allerdings nicht nur spannend in der Beziehung zu einem anderen Menschen, sondern eben auch in der Beziehung zu dir selbst und deinem Leben.

Kannst du etwas Neues, eventuell sogar Schönes oder Abenteuerliches in deinem Leben finden, das zuvor für dich nicht sichtbar war?

Tja, Louis kann das.

Bäuchige Grüße

Sandra

 

P.S.:

Zauber-Killer:

  • den Blick für Kleinigkeiten und Kuriositäten verlieren
  • Selbstverständlichkeit
  • Starre Perspektiven
  • Vermeidung und ausweichen vor Neuem & Veränderung

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